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Aktuelle Preissteigerungen für Kraftstoffe höher als in den Krisen der vergangenen …

Aktuelle Preissteigerungen für Kraftstoffe höher als in den Krisen der vergangenen …


Statistisches Bundesamt

WIESBADEN (ots)

*Preise an den Tankstellen zuletzt stärker gestiegen als während der beiden Ölkrisen 1973/1974 und 1979/1980 und der Finanzmarktkrise 2008/2009

*Kraftstoffe im März 2022 für private Verbraucherinnen und Verbraucher um knapp die Hälfte teurer als ein Jahr zuvor

*Importpreise für Erdgas im März mehr als dreieinhalb Mal so hoch wie im Vorjahresmonat

Die ohnehin dynamische Entwicklung der Energiepreise im Zusammenhang mit der Corona-Krise hat sich infolge des russischen Angriffskriegs in der Ukraine verstärkt. Die aktuellen Preissteigerungen für Energieprodukte sind teilweise vergleichbar mit den Preisentwicklungen während früherer Krisen. Eine Analyse des Statistischen Bundesamtes (Destatis) zeigt jedoch auch Unterschiede. Dabei wurde die Entwicklung der Preise für Erdöl und Mineralölprodukte sowie Erdgas in den vergangenen 50 Jahren und auf verschiedenen Wirtschaftsstufen untersucht. Es zeigt sich: Der Anstieg der Kraftstoffpreise im Vorjahresvergleich war in den vergangenen Jahrzehnten nie so stark wie im aktuellen Berichtsmonat März 2022.

Im März 2022 zahlten private Verbraucherinnen und Verbraucher an den deutschen Tankstellen durchschnittlich 41,9 % mehr für Superbenzin und 62,6 % für Diesel als ein Jahr zuvor. Kraftstoffe insgesamt waren 47,4 % teurer. Für leichtes Heizöl mussten private Verbraucherinnen und Verbraucher sogar fast zweieinhalb Mal so viel (+144,0 %) bezahlen wie im März 2021. So hohe Preisanstiege für Heizöl und Kraftstoffe gab es in Deutschland selten zuvor. Ähnliche Entwicklungen waren bislang lediglich im Zusammenhang mit den beiden Ölkrisen 1974 und 1980 sowie der Finanzmarkt- und Wirtschaftskrise 2008/2009 zu beobachten. Allerdings war der Anstieg der Verbraucherpreise für Kraftstoffe im Vorjahresvergleich in keiner dieser Krisen höher als im März 2022.

Erste Ölkrise 1973/1974: Kraftstoffe binnen eines Jahres um 32 % verteuert

Wie in der aktuellen Lage waren auch in den Jahren 1973/74 hohe Preissteigerungen für Erdöl und Mineralölprodukte auf allen Wirtschaftsstufen zu verzeichnen. Im November 1973 stiegen die Einfuhrpreise für Erdöl gegenüber dem Vormonat Oktober um 41,6 %. Einen Monat zuvor hatte der Jom-Kippur-Krieg begonnen, der als Auslöser der ersten Ölkrise gilt. Die in der OPEC organisierten erdölexportierenden Staaten hatten damals ihre Fördermenge gedrosselt, um Druck auf westliche Staaten auszuüben. Im März 1974 war importiertes Erdöl schließlich mehr als drei Mal so teuer wie ein Jahr zuvor (+221,1 % gegenüber März 1973). Die Preise für die daraus im Inland erzeugten Mineralölprodukte hatten bereits im Februar 1974 ihre bis dahin höchste Vorjahresveränderungsrate erreicht (+68,9 % gegenüber Februar 1973).

Für die privaten Verbraucherinnen und Verbraucher erreichte der Preisanstieg für Kraftstoffe ebenfalls im Februar 1974 einen Höhepunkt, mit einem Plus von 32,5 % gegenüber dem Vorjahresmonat. Für leichtes Heizöl mussten private Verbraucherinnen und Verbraucher bereits im Dezember 1973 Höchstpreise bezahlen (+183,3 % gegenüber Dezember 1972).

Die Preise für Erdgas folgten viele Jahre mit einem zeitlichen Verzug den Erdölpreisen. So verzeichneten die Preise für importiertes Erdgas erst im Mai 1975 mit einem Plus von 116,1 % den höchsten Anstieg. Ebenfalls im Mai 1975 wurde Erdgas für alle Abnehmergruppen um 66,6 % teurer, vor allem bedingt durch den großen Preisanstieg für Industriekunden mit einer hohen Abnahmemenge (+95 % gegenüber Mai 1974). Für private Verbraucherinnen und Verbraucher wurde der höchste Anstieg der Erdgaspreise bereits im Februar 1975 mit einem Plus von 15,8 % gegenüber Februar 1974 erreicht.

Zweite Ölkrise 1979/1980: Kraftstoffe binnen eines Jahres um 28 % verteuert

Auch während der zweiten Ölkrise 1979/1980 sahen sich Verbraucherinnen und Verbraucher mit deutlichen Preissteigerungen für Heizöl und Kraftstoffe konfrontiert. Die zweite Ölkrise wurde im Wesentlichen durch die Förderausfälle im Zusammenhang mit der Islamischen Revolution im Iran seit Januar 1979 und dem im September 1980 begonnenen Ersten Golfkrieg ausgelöst.

Im Frühjahr 1979 beschleunigte sich der Preisanstieg für importiertes Erdöl und erreichte mit einer Verdopplung gegenüber dem Vorjahresmonat im März 1980 seinen Höhepunkt (+101,4 %). Bis zum Jahr 1985 blieben die Importpreise für Erdöl auf einem hohen Niveau. Den Höchststand erreichten sie im März 1985, bevor sie bis zum Ende der 1980er Jahre wieder stark sanken.

Für private Verbraucherinnen und Verbraucher kostete schon im Juli 1979 leichtes Heizöl 110,8 % mehr als ein Jahr zuvor. Die Kraftstoffpreise erreichten im September 1981 einen damals historischen Höchststand und waren 27,7 % teurer als im September 1980.

Auch in dieser Krise folgte der Preisanstieg für importiertes Erdgas den hohen Preisanpassungen für Erdöl erst mit einem zeitlichen Verzug im September 1981 (+62,7 % gegenüber September 1980). Für die Industrieabnehmer wirkte sich dieser Preisanstieg im November 1981 mit einem Plus von 38,8 % gegenüber dem Vorjahresmonat am stärksten aus. Für private Verbraucherinnen und Verbraucher kam es bereits im Januar 1981 mit einem Plus von 22,2 % gegenüber dem Vorjahresmonat zum höchsten Preisanstieg.

Finanzmarkt- und Wirtschaftskrise 2008/2009: Starke Schwankungen der Preise für Heizöl und Kraftstoffe

Die Finanzmarkt- und Wirtschaftskrise war durch deutliche Schwankungen der Energiepreise geprägt. Ihren Anfang nahm die Finanzmarktkrise im August 2007 mit dem sprunghaften Anstieg der Interbankfinanzkredite in den Vereinigten Staaten. Den Höhepunkt erreichte sie im September 2008 mit dem Zusammenbruch der US-amerikanischen Großbank Lehman Brothers, im Oktober 2009 folgte die Eurokrise, ausgelöst durch die Korrektur der Daten zur griechischen Nettoneuverschuldung.

Im Juli 2008 erreichten die Preise für importiertes Erdöl ihren bis dahin höchsten Stand: Importiertes Erdöl kostete 56,8 % mehr als ein Jahr zuvor. Ebenfalls im Sommer 2008 verzeichneten die Verbraucherpreise für Kraftstoffe und Heizöl Höchststände. Leichtes Heizöl war im Juni 2008 für Verbraucherinnen und Verbraucher 61,8 % teurer als im Vorjahresmonat, im Juli 2008 kosteten Kraftstoffe 15,2 % mehr als ein Jahr zuvor.

Danach brachen die Rohölpreise ein. Innerhalb eines halben Jahres (von Juli 2008 bis Januar 2009) sanken die Preise für importiertes Erdöl um 60,3 %. Private Konsumentinnen und Konsumenten zahlten im Januar 2009 für Kraftstoffe fast 25 % weniger als im Juli 2008, für leichtes Heizöl gut 40 % weniger.

Mit der wirtschaftlichen Erholung stiegen die Importpreise für Erdöl in der Folge dann wieder stark an, bis sie im März 2012 einen neuen Höchststand erreichten. Die Folgezeit war geprägt von volatilen Ölimportpreisen.

Corona-Krise: Einbruch der Importpreise für Öl und Gas

In der Corona-Krise verlief die Entwicklung der Energiepreise entgegengesetzt zur Entwicklung in der Finanzmarktkrise: Auf einen starken Rückgang der Energiepreise zu Beginn der Corona-Pandemie folgte ein deutlicher Anstieg. Nachdem die Importpreise für Erdöl im Zusammenhang mit dem Ausbruch der Corona-Pandemie bis April 2020 nachfragebedingt auf ihren tiefsten Stand seit August 1999 gefallen waren, stiegen sie – auch infolge der raschen wirtschaftlichen Erholung – ab Juni 2020 wieder an. Im Februar 2022 lagen sie schließlich 70,3 % über dem Vorjahresmonat. Mit den aktuellen Preissteigerungen erreichten die Importpreise für Erdöl fast den historischen Höchststand des Jahres 2012. Die Preise für importiertes Erdgas stiegen im Februar 2022 gegenüber dem Vorjahresmonat um 256,5 % auf einen bisher nie erreichten Stand.

Methodische Hinweise:

Der Index der Einfuhrpreise misst monatlich die Entwicklung der Preise für nach Deutschland importierte Waren.

Der Erzeugerpreisindex gewerblicher Produkte weist monatlich die Entwicklung der Preise für die im Bergbau, im Verarbeitenden Gewerbe sowie in der Energie- und Wasserwirtschaft in Deutschland erzeugten und im Inland verkauften Produkte.

Der Verbraucherpreisindex misst monatlich die durchschnittliche Preisentwicklung aller Waren und Dienstleistungen, die private Haushalte in Deutschland für Konsumzwecke kaufen. Die Veränderung des Verbraucherpreisindex zum Vorjahresmonat bzw. zum Vorjahr wird als Teuerungsrate oder als Inflationsrate bezeichnet.

Weitere Informationen:

Alle Ergebnisse seit Januar 2005 enthält auch die Querschnittsveröffentlichung „Daten zur Energiepreisentwicklung“, die nach Veröffentlichung der Ergebnisse der Einfuhrpreisstatistik monatlich publiziert wird. Lange Zeitreihen können zudem in der Datenbank GENESIS-Online über die Tabellen Einfuhrpreise (61411-0006), Erzeugerpreise gewerblicher Produkte (61241-0006) und Verbraucherpreise (61111-0006) bezogen werden. Die Indizes sind auch Teil des „Krisenmonitors“ (www.destatis.de/krisenmonitor), mit dem das Statistische Bundesamt die Entwicklung wichtiger Konjunkturindikatoren in der Corona-Krise und in der Finanz- und Wirtschaftskrise 2008/2009 gegenüberstellt. Zudem sind sie neben weiteren Indikatoren zur Einordnung der wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie auf der Sonderseite „Corona-Statistiken“ (www.destatis.de/corona) sowie im Dashboard Deutschland (www.dashboard-deutschland.de) verfügbar. Im Dashboard Deutschland bündelt das Statistische Bundesamt hochaktuelle Indikatoren der amtlichen Statistik und weiterer Datenanbieter zu den Themenbereichen Wirtschaft und Finanzen sowie Gesundheit und Mobilität.

Der Angriff Russlands auf die Ukraine und die damit verbundenen Sanktionen wirken sich auf viele Bereiche in Gesellschaft und Wirtschaft aus. Auf einer Sonderseite haben wir Daten und Informationen dazu für Sie zusammengestellt.

Die vollständige Pressemitteilung sowie weitere Informationen und Funktionen sind im Internet-Angebot des Statistischen Bundesamtes unter https://www.destatis.de/pressemitteilungen zu finden.

Pressekontakt:

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www.destatis.de/kontakt
Telefon: +49 611-75 34 44

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