Desaster / Christian Matz zum Umgang mit dem Olympia-Attentat


Allgemeine Zeitung Mainz

Mainz (ots)

„The Games must go on“, die Spiele müssen weitergehen. Aber mussten sie das wirklich, 1972 in München? Aus heutiger Sicht ist vieles sehr schwer nachzuvollziehen rund um das Olympia-Attentat – das die Spiele bis heute überschattet, aber damals nur zu einem kurzen Stopp geführt hat. Völlig unverständlich bleibt das multiple Versagen der Polizei bei der nächtlichen Befreiungsaktion, das die israelischen Geiseln mit ihrem Leben bezahlt haben. Die Aufarbeitung ist wiederum ein jahrzehntelanges Desaster, für das keine Lösung mehr abzusehen ist. Weil dazu auch kein wirklicher Wille seitens der deutschen Regierung erkennbar ist – nicht einer früheren, nicht der heutigen, die es hätte besser wissen und machen können. Der Streit schwelt seit vielen Jahren, die Eskalation hatte sich seit Wochen abgezeichnet. Dennoch hat man es nun so weit kommen lassen. Aus dem Brief der Hinterbliebenenvertreter, in dem sie ihre Absage an die Gedenkfeier begründen, sprechen so viel Enttäuschung, Schmerz und Wut über die deutsche Seite, dass dies in diesem Leben wohl nicht mehr gutzumachen ist. Auch nicht mit Geld, selbst wenn dies weiter zu den Forderungen gehört. Auf die Frage, wie viele Euro ein Todesopfer wert ist, kann es ohnehin niemals eine befriedigende Antwort geben; wenn die Summe auch nach jahrzehntelangen Verhandlungen derart umstritten ist, noch weniger. Dass es noch immer keine Entschuldigung für das Behördenversagen gibt, ist schließlich ein Skandal. Damals war eine schnelle Antwort des Staates auf das Attentat die Gründung der Anti-Terror-Einheit GSG9. Viele Antworten auf die Fragen der Hinterbliebenen stehen bis heute aus.

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