Zumutung / Andreas Härtel zum ukrainischen Botschafter Melnyk


Allgemeine Zeitung Mainz

Mainz (ots)

Seit mehr als zwei Monaten tobt der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine nun schon – und ebenso lang beeindruckt Präsident Selenskyj in Kiew in der Rolle des Kriegspräsidenten. Die moralischen Appelle aus der Ukraine treffen regelmäßig ins Mark der Weltöffentlichkeit. In Deutschland wiederum wagt sich im gleichen Geist Botschafter Melnyk hervor. Die Unbeirrbarkeit, welche die beiden dabei an den Tag legen, ist bewundernswert. Und doch gibt es zwei Probleme. Erstens: Bislang hat sich die Schärfe der Appelle für die Ukraine ausgezahlt, viele Weckrufe an den Westen waren wichtig. Aber sie nutzen sich ab, vor allem wenn sie immer wieder mit Vorwürfen verbunden werden. Zweitens schießt die Ukraine dabei übers Ziel hinaus. Vor allem Melnyk. Er hat von Kriegsbeginn an mit besonderer rhetorischer Schärfe agiert. Greift er nun mit dem Ziel, immer wieder gehört zu werden, zu einer Spirale der Erregung und zu immer neuen Zumutungen? Dann wird er nichts gewinnen. Die Frage ist jedenfalls erlaubt: Ist hier wirklich Scholz die „beleidigte Leberwurst“? Die Ausladung von Präsident Steinmeier war ein diplomatischer Fauxpas, die Reaktion in Berlin ist verständlich. Deutschland ist ein bevorzugtes Ziel der ukrainischen Schärfe, weil man in Kiew vom großen europäischen Nachbarn am meisten fordert und auch am meisten fordern darf. Doch regelt man Zwist zwischen Partnern am besten in diplomatischer Stille. Nun könnte man einwenden, dass besondere Zeiten wie diese auch besonderer Maßnahmen bedürfen. Nur: Wenn Melnyk und Selenskyj irgendwann niemand mehr zuhören will, würde lediglich einer davon profitieren: Russlands Präsident Putin.

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