Abschaffen / Kommentar von Nele Leubner zur Haft für Schwarzfahrer


Allgemeine Zeitung Mainz

Mainz (ots)

Die Haft für Schwarzfahrer gehört abgeschafft. Tausende landen in Deutschland jährlich im Gefängnis, weil sie keinen Fahrschein gekauft haben. Selbstverständlich muss Schwarzfahren geahndet werden – sonst macht es bald jeder und der Öffentliche Nahverkehr müsste anderweitig finanziert werden. Eine Ersatzfreiheitsstrafe, die verbüßen muss, wer die Geldstrafe nicht zahlt, ist aber unverhältnismäßig. In der Regel trifft dies Menschen, die ohnehin ganz unten angekommen sind: Obdachlose, Drogenabhängige, psychisch Kranke. Sie können meist die Geldstrafe nicht zahlen und sind auch nicht in der Lage, als Kompensation für Ihr Vergehen gemeinnützige Arbeit zu leisten. Die Ersatzfreiheitsstrafe trifft nur die sozial Schwachen, da die Zahlungsunfähigkeit quasi Voraussetzung zum Verhängen der Strafe ist. Die Ersatzfreiheitsstrafe ist nicht nur teuer für den Steuerzahler: Gerichte werden damit beschäftigt und jeder Tag im Gefängnis kostet erhebliche Summen – je nach Bundesland zwischen 98 und 188 Euro. Die drohende Haft hat in diesen Fällen auch kaum abschreckende Wirkung. Ein guter Rechtsstaat zeichnet sich dadurch aus, dass er angemessen auf Verhalten reagiert, das anderen schadet. Das Strafrecht muss hier Ultima Ratio sein. Für Fahren ohne Ticket ist es ein zu scharfes Schwert. Eine Gesetzesänderung wäre keine Kapitulation des Rechtsstaates, vielmehr könnten sich Polizei, Gerichte und Strafvollzug auf strafwürdiges Unrecht konzentrieren – und erheblich Steuergelder gespart werden.

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