Berlin (ots)
In genau acht Wochen wird Die Linke 15 Jahre alt, aber zu feiern gibt es nullkommanix. Die Partei stolpert von einer Krise zur nächsten; vielen Debatten wohnte etwas Selbstzerstörerisches inne. Eine vergeigte Bundestagswahl, ungeklärte Flügelkämpfe und -kompromisse, der ewige Streit ums Regieren, die Grundsatzdiskussion über Außen- und Sicherheitspolitik vor dem Hintergrund des Ukraine-Krieges, jetzt Vorwürfe sexueller Übergriffe – es geht immer noch ein Stück weiter hinein in den Schlamassel.
Dass nun die Ko-Vorsitzende Susanne Hennig-Wellsow zurücktritt, verschärft die Lage zusätzlich. Sie war gemeinsam mit Janine Wissler erst vor gut einem Jahr gewählt worden, um der Linken neuen Schwung zu geben. Geschehen ist das genaue Gegenteil. Und da kann Die Linke noch froh sein, dass Rot-Grün-Rot im Bund, wofür sich Hennig-Wellsow massiv eingesetzt hatte, nicht zustande kam – die Partei stünde jetzt in einer noch ganz anderen Zerreißprobe. Erneuerung brauche neue Gesichter, ließ Hennig-Wellsow wissen – ein solches neues Gesicht sollte sie sein. Doch die kurze Amtszeit des Vorsitzendenduos vermittelte angesichts der multiplen Parteikrisen den Eindruck von Überforderung.
Die Linke steckt endgültig in der schwersten Krise ihrer Existenz. Zumal sich in Sachen sexuelle Übergriffe mehr Fragen an Wissler als an Hennig-Wellsow richten. Wie Wissler sich nun verhält; ob sie im Juni erneut für den Vorsitz kandidiert, für den die beiden Frauen ausdrücklich als Duo angetreten waren; ob der Parteitag vorgezogen werden muss – das sind einige dringende Fragen. Auf diesem Parteitag sollten ein paar wichtige inhaltliche Dinge – etwa die Haltung zur EU und zum bedingungslosen Grundeinkommen – entschieden werden. Vielleicht sollte Die Linke zunächst entscheiden, ob sie überhaupt noch Politik machen will.
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