Warnung / Kommentar von Karl Schlieker zu Julian Assange


Allgemeine Zeitung Mainz

Mainz (ots)

Eine Auslieferung von Julian Assange an die USA wäre ein schwerer Schlag für die Pressefreiheit. Dieser Schritt käme einer unmissverständlichen Warnung an alle Whistleblower und Berichterstattenden gleich, die bei jeder Veröffentlichung von geheimem Material mit schweren Strafen rechnen müssten. Bereits die Rechtsgrundlage, auf der Assange in den Vereinigten Staaten der Prozess gemacht werden soll, lässt Zweifel an einem fairen Verfahren aufkommen. Den Vertreter der Enthüllungsplattform Wikileaks nach dem sogenannten „Espionage Act“ aus der Zeit des Ersten Weltkriegs anzuklagen, welcher sich gegen Spione und Saboteure richtet, zeugt von einem zweifelhaften Rechtsverständnis. Wichtig ist: Die Veröffentlichung von geheimem Material darf kein effektheischender Selbstzweck sein und stößt an Grenzen, wenn damit das Leben von Informanten gefährdet wird. Aber die von Wikileaks publizierten Dokumente belegen beispielsweise, wie US-Soldaten im Irak unschuldige Zivilisten getötet haben und wie mit mehr als zweifelhaften Methoden in Guantanamo Gefangene vernommen wurden. Diese Offenlegung gefährdet nur das Image des US-Militärs, nicht aber Informanten. Es geht in dem Verfahren nicht um die Person Assange, die sich in der Vergangenheit mit oft zweifelhaften Äußerungen ins Abseits geredet hat, sondern um das berechtige Informationsinteresse der Öffentlichkeit. Mit einer Auslieferung und einer Strafandrohung von 175 Jahren Haft würde ein Exempel der Abschreckung an alle Whistleblower und Publizisten statuiert, welches kritische Veröffentlichungen verhindern soll.

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