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Paraderolle / Kommentar von Nele Leubner zu Volker Bouffier

Paraderolle / Kommentar von Nele Leubner zu Volker Bouffier


Allgemeine Zeitung Mainz

Mainz (ots)

Volker Bouffier hat als Ministerpräsident seine Paraderolle gefunden. Das Amt des hessischen Landesvaters ist dem zugewandten, sprachgewaltigen und verbindenden Politiker wie auf den Leib geschneidert. Er hat das Land mit ruhiger Hand regiert und zudem die stramm konservative hessische CDU für eine Koalition mit den Grünen geöffnet. Die Christdemokraten verlieren mit Bouffier auch einen Landesvorsitzenden, der auf Bündnisse spezialisiert und oft auf Schlichtung aus ist. Die Arbeit in der schwarz-grünen Regierungskoalition gehörte vermutlich zu einer der schwierigsten Aufgaben in seiner politischen Karriere. Sicher ist es vor allem Bouffiers Verdienst, dass dieses Bündnis so geräuschlos harmoniert. Zusammen mit seinem grünen Regierungspartner Tarek Al-Wazir hat er damit erheblich dazu beigetragen, dass Schwarz-Grün inzwischen auch weit über Hessen hinaus als mögliches Modell gilt. Im Bundesland selbst allerdings wäre damit inhaltlich mehr möglich gewesen. Die vergangenen zwölf Jahre waren geprägt von Bouffiers Leitspruch „Hessen bleibt besonnen“. Eine ruhige, bedachte Führung allein reicht aber nicht aus, um ein Land zukunftsfähig zu machen. Was Bouffier gefehlt hat, waren Ziele, die Fortschritt bedeuten. Es gibt keine Themen, die Bouffier für seine Amtszeiten als Ministerpräsident in den Fokus gerückt hätte. Sicher ist Bouffier kein Mann für Visionen – da muss ja auch immer das Team mitspielen -, aber seine Möglichkeiten, Hessen voranzubringen, hat er nicht ausreichend genutzt. Es gibt zahlreiche Themen, bei denen in Hessen Nachholbedarf besteht: Digitalisierung, Klimaschutz, Integration und Fachkräftemangel, Versorgung des ländlichen Raums, Wohnungsnot oder auch beim Kampf gegen Rechtsextremismus. Bouffier ist ein eloquenter Redner, dabei mittlerweile aber kaum noch zu bremsen. Hier hat er ein wenig die Zeichen der Zeit verpasst. Dass er wandlungsfähig ist, hat Bouffier in seiner politischen Karriere – vom schwarzen Sheriff als Innenminister zum jovialen Landesvater – durchaus mehrfach gezeigt. An dieser Anpassungsfähigkeit mangelte es in den vergangenen Jahren aber zunehmend. Mit der neuen Oppositionsrolle im Bund in den vergangenen Monaten ging der Christdemokrat spürbar ungeübt um – gelegentlich reagierte er auf Beschlüsse der Berliner Ampel regelrecht unsouverän. Mit Volker Bouffier geht ein weiterer treuer Merkel-Begleiter. Aber auch ein ausgleichender Charakter in Land und Bund. Und ein hessischer Landesvater, der große Fußstapfen hinterlässt.

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