Bitte anschnallen, Kommentar zu deutschen Großbanken von Bernd Neubacher


Börsen-Zeitung

Frankfurt (ots)

Bitte anschnallen: Die Aktienkurse der beiden deutschen Großbanken geben Anlegern einen Vorgeschmack auf eine Volatilität, von der ihnen zumindest im weiteren Jahresverlauf noch mehr blühen dürfte. Titel der Deutschen Bank und der Commerzbank sind am Dienstag auf Xetra um 9,36 % bzw. um 8,47 % abgeschmiert – nach Meldungen am Vorabend, denen zufolge die Capital Group ihre Anteile auf den Markt geworfen hat. Bei der Deutschen Bank war der Assetmanager erst im Februar vorvergangenen Jahres eingestiegen, im Oktober 2020 sowie noch im November vergangenen Jahres hatte er noch erhöht, zuletzt von 3,74 % auf 5,20 % – eigentlich gilt die Gesellschaft als langfristig orientiert. Nachdem im Januar bereits Höllenhund Cerberus den Schwanz eingezogen und den Rückzug aus seinen Engagements bei Deutschlands Großbanken angetreten hatte, scheint sich ein Muster abzuzeichnen. Wird Deutschlands Finanzsektor für US-Anleger uninvestierbar?

In den Rückzug des US-Investors ein generelles Misstrauensvotum hineinzulesen, wäre vermutlich ebenso voreilig wie die von der Deutschen Bank im Oktober 2020 zum Besten gegebene Einschätzung, mit ihrem Engagement gebe Capital Group einen „klaren Vertrauensbeweis in unsere strategische Transformation“. Wie der Kurschart vielmehr nahelegt, ist der Großaktionär aus Los Angeles in jedem Fall auf seine Kosten gekommen und hat angesichts eines unwägbaren Umfelds vielleicht einfach nur die Zeit gekommen gesehen, um Gewinne mitzunehmen – im Gegensatz zu Cerberus, die ihre Wette auf eine deutsche Großbankenfusion mit einem mittleren dreistelligen Millionenverlust bezahlt haben dürfte.

Auch solch ein Motiv ändert freilich nichts daran, dass sich damit die Aktionärsstruktur der Deutschen Bank seit dem Ausstieg der chinesischen HNA Ende 2019 erstmals wieder zugunsten von Anteilseignern aus Autokratien verschiebt. Die größten Anteilseigner nach dem – großteils über Indexfonds engagierten – Fondsriesen Blackrock sowie dem US-Hedgefonds Hudson Executive Capital stellen nunmehr die katarischen Investmentvehikel Paramount Services und Supreme Universal mit jeweils 3,05 % der Anteile dar.

Klar scheint zugleich: Angesichts der Nebelbank, die Marktteilnehmer vor sich sehen, wenn sie vor dem Hintergrund des russischen Angriffskrieges in der Ukraine versuchen, die Entwicklung von Geldpolitik, von Konjunktur und Märkten zu deuten, müssen die verbliebenen Aktionäre beider Banken weiter mit Kursausschlägen wie am Dienstag rechnen.

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